Im Jahr 2001 markierte die Zulassung einer neuen Medikamentenklasse einen entscheidenden Wendepunkt im Kampf gegen die chronisch myeloische Leukämie (CML). Diese als Tyrosinkinasehemmer (TKIs) bekannten Medikamente wirken hochspezifisch gegen Krebszellen und haben die Behandlungsmöglichkeiten für die CML revolutioniert.

Vor der Einführung von TKIs war eine CML-Diagnose mit einer hohen Sterblichkeit verbunden. Die Krankheit endete für etwa die Hälfte der Betroffenen tödlich. Heute, mehr als 20 Jahre später und nach Zulassung verschiedener weiterer TKIs, hat sich die Situation für die meisten Patient*innen verbessert. Ein zentrales Ziel der Behandlung ist nun die Lebensqualität, die früher aufgrund der primären Fokussierung auf das Überleben weniger im Mittelpunkt stand. Heutzutage können viele Patient*innen ein weitgehend normales Leben führen, mit deutlich weniger Einschränkungen im Alltag.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass nicht alle Patient*innen für eine Behandlung mit einem TKI in Frage kommen oder davon profitieren. Trotzdem gibt es auch für diese Betroffenen alternative Behandlungsmöglichkeiten und therapeutische Ansätze.

Diese Übersicht soll Patient*innen mit CML helfen, indem sie wertvolle Informationen zur Erkrankung und zu den verschiedenen Therapiemöglichkeiten bietet.

CML verstehen

Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist eine seltene Form von Blutkrebs. Bei Patient*innen mit CML produziert das Knochenmark zu viele weisse Blutkörperchen (myeloische Zellen). Der Verlauf der Erkrankung entspricht jedoch nicht der im Volksmund viel bekannteren „Akuten Leukämie“, die unbehandelt rasch tödlich ist.

In der Schweiz wird pro Jahr bei etwa 120 Menschen eine CML diagnostiziert. Damit handelt es sich um eine eher seltene Erkrankung. Die CML kann in jedem Alter auftreten, wird jedoch meistens bei Erwachsenen zwischen 55–65 Jahren diagnostiziert. Sie kommt etwas häufiger bei Männern als bei Frauen vor. Die CML ist weder ansteckend noch kann sie vererbt werden.
Ursache der Erkrankung ist eine erworbene genetische Veränderung der blutbildenden Stammzellen im Knochenmark. Dies führt dann zur unkontrollierten Vermehrung, vornehmlich der weissen Blutkörperchen im Knochenmark.
 

Wie entwickeln sich Blutzellen?

Bevor wir zur vertieften Erklärung der CML kommen, möchten wir Ihnen kurz die Zusammensetzung des Blutes und den Entstehungsprozess der Blutzellen aufzeigen. Unser Blut besteht aus einer Flüssigkeit (genannt Blutplasma) und drei Arten von Blutzellen, den sogenannten roten Blutkörperchen (Erythrozyten), Blutplättchen (Thrombozyten) und weissen Blutkörperchen (Leukozyten). Es wird im Knochenmark aus sogenannten Stammzellen gebildet. Diese Stammzellen können sich zu jeder Zellart weiterentwickeln.

Infographic Blutzellen


Was ist eine Leukämie?

Das Wort Leukämie bedeutet „weisses Blut“, da diese Erkrankung mit einer zu hohen Anzahl an weissen Blutkörperchen im Blut einhergeht. Da es sich um eine maligne (bösartige) Erkrankung handelt, kommt es zur unkontrollierten Vermehrung dieser Zellen, was schlussendlich auch zur Verdrängung gesunder Blutzellen im Knochenmark führt.

Es gibt verschiedene Arten von Leukämien, die sich stark hinsichtlich Entstehung, Häufigkeit, natürlichem Verlauf, Behandlungsoptionen und Prognosen unterscheiden. Hier gehen wir nur auf die CML ein.

Der natürliche Krankheitsverlauf der verschiedenen Leukämien ist entweder aggressiv/schnell

→ Akute Leukämie oder eher langsam

Chronische Leukämie.

Eine weitere Unterscheidung betrifft die Zellen, die für die Entstehung der Leukämie verantwortlich sind → Lymphatische oder myeloische Leukämie.


Was sind die Symptome einer CML?

In etwa 50 % der Patient*innen verursacht die CML zum Zeitpunkt der Diagnose keine Symptome und ist daher häufig ein Zufallsbefund bei einer Routineuntersuchung des Blutes.

Es gibt keine spezifischen Symptome der CML, einige verschiedene mögliche Beschwerden sind unten in der Tabelle (nicht vollständig) aufgelistet. Die Symptome sind von Patient*in zu Patient*in unterschiedlich und können sowohl einzeln als auch in Kombination auftreten:

Table 1 - CML


Wie ist der natürliche Verlauf (ohne Behandlung) einer CML?

Bis zur Einführung der Tyrosinkinasehemmer (TKIs) wurden bei der CML drei verschiedene Krankheitsphasen unterschieden: die chronische, die akzelerierte Phase und die Blastenkrise. Seither wurde jedoch das Überleben der Patient*innen massgeblich verbessert; die Rate an Patient*innen, bei welchen die CML in eine akzelerierte Phase überging ist deutlich kleiner, so dass dieses Stadium an Bedeutung verloren hat.

Die CML wird zumeist in der chronischen (stabilen) Phase diagnostiziert. Unbehandelt kommt es nach Jahren zu einer vermehrten Aggressivität der Erkrankung mit zunehmender Vermehrung unreifer weisser Zellen im Blut, ggf. Entwicklung einer Transfusionsbedürftigkeit, vermehrten Infekten und schliesslich zur sogenannten Blastenkrise, welche dem Bild einer akuten Leukämie entspricht.

Infographic CML verlauf

Die Entstehung des Philadelphia-Chromosoms

Da es keine spezifischen Symptome der CML gibt, kann die eindeutige Diagnose nur anhand einer Blutuntersuchung, einer körperlichen Untersuchung (u.a. Leber- und Milzgrösse) und einer Knochenmarksuntersuchung gestellt werden.

Zusätzlich wird untersucht, ob die charakteristische genetische Veränderung, das Philadelphia-Chromosom und das BCR-ABL-Fusionsgen, nachweisbar ist.

Zur endgültigen Bestätigung der CML müssen andere Erkrankungen im Knochenmark ausgeschlossen werden. Dafür entnimmt Ihnen Ihr Arzt oder Ihre Ärztin unter einer örtlichen Betäubung, eine Probe Ihres Knochenmarks.

Infographic - Die Entstehung des Philadelphia-Chromosoms

Wie wird CML behandelt?

Dank moderner Medikamente hat sich die CML von einem lebensbedrohlichen Blutkrebs zu einer chronischen, zumeist sehr gut behandelbaren Erkrankung gewandelt.

INfographic - Wie wird CML behandelt


Tyrosinkinasehemmer (TKIs)

Im Gegensatz zu anderen Leukämieformen ist bei der CML der Entstehungsmechanismus (das im Philadelphia-Chromosom enthaltene BCR-ABL-Fusionsgen) genau bekannt. Basierend darauf, konnten zielgerichtete Therapien dagegen entwickelt werden: die Tyrosinkinasehemmer.

Tyrosinkinasehemmer greifen die Krebszellen sehr spezifisch an – im Gegensatz zu Chemotherapeutika, die unspezifisch auch auf gesunde Zellen wirken. Daher sind sie einerseits besonders wirksam und haben andererseits, im Vergleich zu anderen Krebstherapien wie Chemotherapien, geringere Nebenwirkungen.

Mit Ausnahme von schwangeren Patientinnen ist die TKI-Therapie aufgrund ihrer überlegenen Wirksamkeit die empfohlene Standardtherapie für die Patient*innen.

Für die Behandlung der CML stehen verschiedene TKIs zur Verfügung. Individuelle Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der Auswahl des richtigen TKI.

Zu diesen Faktoren zählen:

  • Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) mit allfälligen zusätzlichen Medikamenten
  • Therapieziele
  • Stadium der CML bei Diagnose
  • Potentielle Unverträglichkeiten


Wie werden TKIs verabreicht?

Je nach Präparat werden TKIs einmal oder mehrmals täglich in Tablettenform eingenommen und in der Regel langfristig eingesetzt. Für den Therapieerfolg ist es entscheidend, zuverlässig wie geplant die verordnete Dosis einzunehmen.

Das regelmässige Einnehmen des TKIs ist erforderlich, um Ihre Behandlungsziele zu erreichen.


Die Rolle der Verträglichkeit?

Bei der Therapie einer chronischen Erkrankung, die eine langfristige Behandlung erfordert, ist das Erhalten der Lebensqualität von oberster Bedeutung. TKIs können patientenindividuell unterschiedliche Nebenwirkungen haben, die es schwierig machen, das Medikament regelmässig einzunehmen. Hämatolog*innen und Patient*innen betonen den Bedarf an besser verträglichen CML-Behandlungen.
 

Was versteht man unter Verträglichkeit?

Diese konzentriert sich auf Ihre subjektive Erfahrung. Verträglichkeit beschreibt, wie sehr die Nebenwirkungen Ihren Alltag beeinflussen und inwieweit sie Ihre Fähigkeit oder Ihren Wunsch beeinträchtigen, die Behandlung wie vorgeschrieben fortzusetzen.

Wenn die Behandlung gut verträglich ist:

  • Fällt es Ihnen leichter, die Therapie wie verschrieben fortzusetzen.
  • Erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, Ihre Behandlungsziele zu erreichen.
  • Erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für eine bessere Lebensqualität.


Wenn die Behandlung nicht gut verträglich ist:

  • Kann es für Sie schwieriger sein, die Therapie wie verschrieben fortzusetzen, was das Erreichen Ihrer Therapieziele beeinträchtigen könnte.
  • Könnten Anpassungen notwendig sein, um ein besseres Gleichgewicht zu finden, was zu Behandlungsverzögerungen führen könnte. Das Unterbrechen der Therapie verringert die Wahrscheinlichkeit, Ihre Behandlungsziele zu erreichen.


Kommunikation mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin

Sollten Sie aus irgendwelchen Gründen Schwierigkeiten mit der regelmässigen Einnahme Ihrer Tabletten haben, sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, um dafür eine Lösung zu finden.

Welche Nebenwirkungen können durch TKIs auftreten?

Wie bei jeder medikamentösen Therapie kann auch die Behandlung mit TKIs zu Nebenwirkungen führen. Schwerwiegende Nebenwirkungen treten jedoch selten auf. Ob und welche Nebenwirkungen auftreten, hängt vom eingesetzten TKI ab und ist von Patient*in zu Patient*in unterschiedlich.

Folgende Nebenwirkungen sind bei der Therapie mit TKIs beobachtet worden:

  • Zu niedrige Anzahl bestimmter Blutzellen (Zytopenien)
  • Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe (Schwellung, Ödeme)
  • Muskel- und Knochenschmerzen
  • Störungen im Verdauungstrakt (Übelkeit, Erbrechen und Durchfall)
  • Kopfschmerzen
  • Hautirritationen (Hautausschlag, Juckreiz)
  • Chronische Müdigkeit (Fatigue)
  • Ein erneutes Aufflammen einer Leberentzündung (Hepatitis B-Reaktivierung)
  • Gefässverschlüsse

Jeder TKI hat sein individuelles Risikoprofil. Eine genaue Auflistung der möglichen Nebenwirkungen finden Sie in der Gebrauchsinformation des jeweiligen Medikamentes. Es ist wichtig, dass Sie alle Unsicherheiten, Ängste und Fragen dazu mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin besprechen. Teilen Sie Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin immer mit, wenn Sie Nebenwirkungen erfahren. Manchmal kann es helfen, auf eine andere Therapie umzusteigen. Jeder Patient oder jede Patientin ist unterschiedlich, und Ihr Arzt oder Ihre Ärztin kann mit Ihnen zusammenarbeiten, um den besten Ansatz für Ihre spezifischen Bedürfnisse zu finden.

Umgang mit Nebenwirkungen und Therapietreue

Was Sie bei Nebenwirkungen unternehmen können

Es gibt einige Dinge, die Sie unternehmen können, um Nebenwirkungen zu kontrollieren:

  • Führen Sie ein Tagebuch über Ihre Beschwerden. Notieren Sie, wann und wie häufig sie auftreten und wie stark sie ausgeprägt waren. Überlegen Sie, ob irgendwelche Veränderungen in Ihrem Tagesablauf oder Behandlungsplan mit dem Auftreten der Nebenwirkungen zusammenfielen.
  • Erzählen Sie Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin alle unangenehmen und unerwünschten Wirkungen, die Sie bei sich feststellen, auch wenn Sie sich nicht sicher sind, ob diese mit der Therapie zusammenhängen. Kontaktieren Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin ggf. vor dem eigentlich geplanten Termin telefonisch, wenn Sie bezüglich der Weitereinnahme des TKI aufgrund von Nebenwirkungen unsicher sind.
  • Für manche Patient*innen können Ansätze aus der Komplementärmedizin die Nebenwirkungen reduzieren und dazu führen, dass die Erkrankung im Allgemeinen besser bewältigt wird. Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin nach Möglichkeiten.
  • Teilen Sie Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin mit, welche Medikamente Sie zusätzlich zu Ihrem CML-Medikament noch einnehmen (eingeschlossen Komplementärmedikamente und Naturprodukte). Medikamente können Wechselwirkungen miteinander haben, was ihre Wirkungsweise beeinflussen und zu einer Verschlimmerung von Nebenwirkungen führen kann.


Ihre Therapietreue ist unabdingbar für Ihren Behandlungserfolg

Damit es gelingt, die CML über viele Jahre unter Kontrolle zu halten, ist es besonders wichtig, dass Sie die Therapie konsequent einhalten und Ihre Laborwerte regelmässig überprüfen lassen.

Gerade wenn eine medikamentöse Behandlung über einen längeren Zeitraum oder ein Leben lang erfolgt, ist es nicht immer einfach, regelmässig an die Einnahme der Tabletten zu denken.

Die folgenden Tipps können Ihnen dabei helfen:

  • Legen Sie eine Liste aller Medikamente an, die Sie einnehmen. Sie können auch Ihre behandelnden Ärzte nach einer solchen Liste fragen (Medikamentenplan). Teilen Sie die Liste mit allen involvierten Ärzten und Ärztinnen.
  • Verwenden Sie einen Tages- oder Wochen-Medikamentenbehälter oder notieren Sie das Start- und Enddatum direkt auf der Tablettenschachtel und zählen Sie bei Bedarf nach.
  • Bitten Sie Ihre Familie oder Freund*innen, Sie an Ihre Medikamente zu
  • Nehmen Sie Ihre Medikamente jeden Tag in etwa zur gleichen Zeit.
  • Nutzen Sie die Erinnerungsfunktion Ihres Telefons, Handys, Weckers, Tablets oder Computers.


Wichtig: Sie sollten niemals Ihre TKI-Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen eigenmächtig unterbrechen oder die Dosis reduzieren, da dies den Therapieerfolg beeinträchtigen kann.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten der CML

Zytoreduktive Therapien

Diese Medikamente werden, wenn nötig, vor allem direkt nach der Diagnose und auch nur kurzfristig eingesetzt, um die stark erhöhte Anzahl der weissen Blutkörperchen so schnell wie möglich zu reduzieren. Bei der CML wird für die Chemotherapie zum Beispiel Hydroxyurea, auch Hydroxycarbamid genannt, eingesetzt.


Interferon alpha (IFN-α)

Die Therapie mit IFN-α war vor der Einführung der TKIs die Standardtherapie der CML. Heutzutage wird IFN-α bei schwangeren CML-Patientinnen oder im Rahmen einer Kombinationstherapie in klinischen Studien eingesetzt.


Allogene Stammzelltransplantation

Vor einer allogenen Stammzelltransplantation wird zunächst eine hochdosierte Chemotherapie durchgeführt. Anschliessend werden gesunde blutbildende Stammzellen eines Spenders / einer Spenderin übertragen. Diese Behandlungsform ist risikoreich und vom Vorliegen eines passenden Spenders abhängig. Häufig wird sie bei Patient*innen mit Problemen in der TKI-Therapie (ungenügendes Ansprechen, Nebenwirkungen) oder in der Blastenkrise in Betracht gezogen.


Klinische Studien

Klinische Studien ermöglichen manchen CML-Patient*innen den Zugang zu Therapien, die noch nicht allgemein verfügbar oder zugelassen sind. Jede klinische Studie hat spezifische Richtlinien und Bedingungen, die für die Teilnahme erfüllt sein müssen. Bitte besprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, welche Möglichkeiten für Sie in Frage kommen.

Was Sie von der Behandlung mit TKIs erwarten können

Was sind die Etappen der Behandlung und wie wird der Behandlungserfolg gemessen?

Es gibt verschiedene Wege, die Tiefe/Qualität des Ansprechens auf die Behandlung mit TKIs, also den Behandlungserfolg, zu untersuchen.
 

Hämatologische Untersuchungen

Zunächst ist das hämatologische Ansprechen das Ziel = Normalisierung des Blutbilds und das Fehlen unreifer Blutkörperchen im Blutausstrich. Dies nennt man hämatologische Remission. Idealerweise geht die hämatologische Remission mit einer Reduktion der BCR-ABL positiven Zellen auf unter 10 % einher.
 

Zytogenetische Untersuchung

Bei Erreichen einer kompletten hämatologischen Remission ist das nächste Ziel die zytogenetische Remission. Das bedeutet, im Knochenmark lässt sich das Philadelphia-Chromosom nicht mehr nachweisen. Dafür wird eine neu entnommene Knochenmarksprobe mit derjenigen verglichen, die vor Behandlungsbeginn untersucht wurde.
 

Molekulargenetische Untersuchung

Bei Vorliegen einer kompletten zytogenetischen Remission sind vorerst keine Knochenmarkspunktionen mehr notwendig; das Ansprechen wird jetzt molekulargenetisch, mittels PCR im Blut, beurteilt.

Dabei wird geprüft, ob oder in welcher Menge sich noch Leukämiezellen im Körper befinden, die das BCR-ABL-Fusionsgen tragen. Ziel ist zunächst das Erreichen einer guten molekularen Remission (major molecular reponse = MMR).

Diese äusserst empfindliche Messmethode gibt einerseits Aufschluss über den Erfolg der Therapie und ermöglicht andererseits zu einem sehr frühen Zeitpunkt das Erkennen von Veränderungen, die eine Therapieoptimierung notwendig machen können.

Deshalb sollte sie unbedingt alle drei Monate durchgeführt werden.
 

Zwischenziele der Behandlung

Anhand der folgenden Abbildungen können Sie sich ein Bild davon machen, wie die Zahl der leukämischen Zellen im Laufe der Zeit unter der Behandlung abnehmen kann. Die blauen Punkte stellen die Menge an leukämischen Zellen mit BCR-ABL im Körper dar.

Infographic - CML Zwischenziele der Behandlung


Manche Patient*innen erreichen auch ein tiefes molekulares oder sogar ein komplettes molekulares Ansprechen. Letzteres bedeutet, dass auch mit sehr empfindlichen Messmethoden keine Leukämiezellen mehr in ihrem Blut nachgewiesen werden können.

Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wird mit Ihnen Ihr Ansprechen auf die Behandlung besprechen und Ihnen erklären, was jedes „Zwischenziel“ für Sie bedeutet.

Langfristige Ziele

Für alle Patient*innen: Erreichen einer molekularen Remission, langfristige Krankheitskontrolle und Verhindern eines Überganges in die Blastenkrise.

Für einige Patient*innen, die sich mehrere Jahre unter TKI-Therapie befanden und eine tiefe molekulare Remission über mindestens 1 Jahr aufrechterhalten konnten, ist das Ziel das Erreichen einer therapiefreien Remission.

Therapiefreie Remission

Die therapiefreie Remission bezeichnet den langfristigen Erhalt eines guten, tiefen oder kompletten molekularen Ansprechens (MMR, DMR oder CMR), bei CML-Patient*innen, die eine TKI-Behandlung gezielt beendet haben. Vorraussetzung für den Start der therapiefreien Remission ist das Erreichen einer DMR oder CMR.

Klinische Studien zeigten, dass einige Patient*innen mit stabilem tiefem molekularem Ansprechen die TKI-Behandlung absetzen konnten, ohne dass ihre Erkrankung wiederkehrte. Das bedeutet, dass diese Patient*innen in einer Phase der Remission sind, in der sie keine weitere CML-Therapie benötigen.

Die Dauer der therapiefreien Remission kann von Patient*in zu Patient*in sehr verschieden sein und schwankt zwischen einigen Wochen und vielen Jahren.

Infographic - Therapiefreie Remission


40–55 % der Patient*innen erfüllen die sehr strengen Kriterien, die für ein sicheres Absetzen der Behandlung vorliegen. Von diesen Patient*innen erleiden etwa 50 % im ersten Jahr einen Rückfall. Aber auch nach Auftreten eines Rückfalls sprechen diese Patient*innen erneut sehr gut auf die TKI-Therapie an.
 

Kann ich eine therapiefreie Remission erreichen?

Das Absetzen der Therapie nach Erreichen einer dauerhaften, tiefen Remission ist eine sehr individuelle Entscheidung, die immer zusammen mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin getroffen werden muss.

Es ist sehr wichtig, dass Sie niemals eigenmächtig Ihre Medikamente absetzen. Wenn Sie Fragen und Wünsche zu Ihrer Therapie haben, sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin darüber.

Eine therapiefreie Remission ist eines der Therapieziele bei der CML. Sie sollten es niemals als ein Versagen betrachten, wenn Sie dafür nicht in Frage kommen oder die Therapie nach einem Absetzversuch wieder aufgenommen werden muss.
 

Wie sicher ist das Absetzen der TKI-Behandlung?

Das Absetzen ist ein sicherer nächster Schritt, wenn Sie die Voraussetzungen dafür erfüllen und bereit sind, sich regelmässig ärztlich untersuchen zu lassen. Eine langfristige Überwachung ist unerlässlich.

Sollte es zu einem Verlust der MMR kommen (BCR-ABL > 0,1 %), muss die Therapie wieder aufgenommen werden. Aber auch nach Auftreten eines Rückfalls, ist das Ansprechen auf die TKI-Therapie wieder sehr gut und es werden tiefe Remissionen erreicht.

Nach dem Absetzen kann es bei manchen Patient*innen zu Entzugserscheinungen kommen. Dabei können Symptome wie Muskel-, Gelenk- oder Knochenschmerzen auftreten. In den meisten Fällen sind die Symptome leicht und können mit Schmerzmitteln gut behandelt werden. Die Dauer der Symptome ist sehr unterschiedlich. Sie können einige Wochen oder, was eher selten vorkommt, einige Monate andauern. Im Allgemeinen klingen sie von selber wieder ab.

Eine therapiefreie Remission ist eines der Therapieziele bei der CML. Sie sollten es niemals als ein Versagen betrachten, wenn Sie dafür nicht in Frage kommen oder die Therapie nach einem Absetzversuch wieder aufgenommen werden muss.
 

Was passiert bei einem ungenügenden Ansprechen?

Klären Sie alle Fragen und Bedenken über die Testergebnisse sowie jeden anderen Gesichtspunkt Ihrer Therapie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.

Es stehen mittlerweile drei Generationen von TKIs zur Behandlung zur Verfügung. Sowohl bei Unverträglichkeit als auch bei einem ungenügenden Ansprechen wird man Ihnen einen TKI-Wechsel empfehlen.

Leider sprechen 5–10 % der Patient*innen nicht ausreichend auf TKIs an; für diese Patient*innen muss eine allogene Transplantation diskutiert werden.


Was kann ich selbst für mich tun?

Eine gute und ausgewogene Ernährung ist wichtig. Dies umfasst Vitamine, Nährstoffe und Eiweisse, um optimale Voraussetzungen für das Immunsystem zu schaffen. Eine spezielle Diät oder Nahrungsergänzungsmittel sind nicht nötig, wenn Sie sich abwechslungsreich ernähren.

Körperliche Aktivität verbessert die Lebensqualität. Bewegung ist gut – in der richtigen Dosierung, d. h. ohne zu grossen Ehrgeiz oder Stress. Sport und Bewegung sind eine Möglichkeit, Ihre Erkrankung aktiv anzugehen und Ihre Selbstbestimmung zurückzugewinnen.
 

Familienplanung und Schwangerschaft

Es sind nur wenige Erkenntnisse über die Zeugung von Kindern während einer TKI-Behandlung verfügbar und abhängig vom verwendeten TKI. Daher sollten Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin sprechen, um die optimale Lösung für Sie zu finden.
Wichtig ist: Die CML kann nicht vererbt werden.

TKIs können die Plazenta passieren und, wenn sie während der Schwangerschaft eingenommen werden, Ihrem Baby möglicherweise schaden. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wird Ihnen dabei helfen, eine effektive Verhütungsmethode zu finden, damit eine Schwangerschaft während der TKI-Behandlung verhindert wird. Falls Sie jedoch den Wunsch haben, schwanger zu werden, gibt es Alternativen wie eine geplante Behandlungspause (nur bei Vorliegen einer tiefen Remission möglich) oder eventuell eine Interferon-α-Behandlung.

Letztlich gibt es auch Massnahmen zum Erhalt der Fruchtbarkeit für Frauen und Männer. Diese können eine Option für manche Patient*innen sein, insbesondere wenn eine intensive Behandlung notwendig ist (z.B. Stammzelltransplantation).

Wichtig ist, dass die CML-Therapie nicht bedeutet, dass Sie keine Kinder bekommen können. Jedoch müssen in Absprache mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin individuelle Lösungen gefunden werden.

Glossar

BCR-ABL (Gen):

Ein neues Gen wird durch die Verbindung/Fusion der beiden Gene BCR und ABL gebildet. Dieses Gen stellt dann das BCR-ABL-Protein her, welches die CML verursacht.
 

Blutplättchen:

Blutplättchen (Thrombozyten) sind eine bestimmte Zellart des Blutes, die bei der Blutgerinnung eine wichtige Rolle spielen.
 

Chromosom:

Die Erbinformation (DNA) ist sehr lang. Damit sie in jede Zelle des Körpers passt, wird sie zu Chromosomen „gepackt“. Die Chromosomen liegen in den Zellkernen.
 

DNS (Englisch: deoxyribonucleic acid, DNA):

Desoxyribonukleinsäure. Die DNA trägt die Gene mit den für die Zellfunktion notwendigen Informationen.
 

Gene:

Gene sind die Einheiten der DNA. Jedes Gen enthält die „Bauanleitung“ für ein bestimmtes Protein und beeinflusst so das Verhalten einer Zelle.
 

Knochenmark:

Das weiche, schwammartige Gewebe befindet sich in den Hohlräumen verschiedener Knochen des Körpers. Das Knochenmark ist der Ort im Körper, an dem die Blutproduktion stattfindet.
 

Philadelphia (Ph+)-Chromosom:

Das Philadelphia-Chromosom entsteht, in dem Stücke vom Chromosom 9 und 22 abbrechen und ihre Plätze tauschen. Dabei entsteht das BCR-ABL-Gen. Dieses ist Teil des nun verkürzten Chromosom 22, das als Philadelphia-Chromosom bezeichnet wird.
 

PCR (Englisch: polymerase chain reaction, PCR):

Die Polymerase-Ketten-Reaktion. Sie ist eine sehr schnelle Methode zur gezielten Vervielfältigung von DNA-Abschnitten. Damit ist es möglich, die Menge eines bestimmten Gens (im Fall der CML des BCR-ABL-Gens) zu messen.
 

Remission:

Der Rückgang / das Nachlassen von Krankheitszeichen. Man unterscheidet allgemein eine partielle (teilweise) Remission von einer kompletten (vollständiger Rückgang) Remission.
 

Rote Blutkörperchen:

Diese Blutzellen transportieren Sauerstoff zu den Organen des Körpers.
 

Stammzellen:

Aus diesen Zellen können sich die unterschiedlichen Zellarten entwickeln.
 

Therapiefreie Remission (Englisch: treatment-free remission, TFR):

TFR ist eines der Therapieziele, welches einem Teil der Patient*innen mit einem tiefen molekularen Ansprechen die Möglichkeit bietet, die TKI-Therapie gezielt zu beenden. Ein Stopp der Therapie darf nur unter intensiver ärztlicher Kontrolle durchgeführt werden und geht mit einer regelmässigen Überwachung einher.
 

Tyrosinkinasehemmer (Englisch: tyrosine kinase inhibitor, TKI):

Tyrosinkinasehemmer sind Medikamente, die zur Behandlung der CML eingesetzt werden. Sie hemmen die Wirkung von BCR-ABL in den Leukämiezellen.
 

Weisse Blutkörperchen:

Diese Blutzellen sind für die Abwehr von Krankheitserregern verantwortlich.

 

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