Zielgerichtete Therapien gewinnen in der modernen Medizin immer stärker an Bedeutung und stellen heutzutage auch bei Brustkrebs eine wichtige Behandlungsmöglichkeit dar. Zielgerichtet bedeutet, dass die Therapien an bestimmten Merkmalen der Tumorzelle ansetzen und auf diese Weise ihr Wachstum bremsen oder die Krebszellen ganz zerstören. In der Regel kommen zielgerichtete Therapien in Kombination mit klassischen Behandlungsansätzen wie der Antihormontherapie – die ihrerseits selbst eine zielgerichtete Therapie ist – und/oder der Chemotherapie zum Einsatz. Umgangssprachlich ist auch die Rede von personalisierter Medizin.

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Vereinfacht gesagt wirken zielgerichtete Medikamente nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Der «Medikamenten-Schlüssel» passt genau in das «Schloss» der Tumorzellen, sodass diese gezielt von den Medikamenten angesteuert werden können. Bei diesen zellulären «Schlössern» handelt es sich in der Regel um bestimmte Proteine, die auch als Rezeptoren bezeichnet werden und auf beziehungsweise in den Brustkrebszellen zu finden sind. Alternativ können auch Botenstoffe therapeutisch angesteuert werden, die das Wachstum der Krebszellen begünstigen. Damit eine bestimmte zielgerichtete Therapie infrage kommt, muss demnach erst festgestellt werden, ob die Brustkrebszellen das entsprechende «Schloss» aufweisen – denn jeder Tumor ist anders. Ärztinnen und Ärzte überprüfen das mithilfe einer Gewebeprobe (Biopsie).

Abbildung der grundlegenden Wirkungsweise der zielgerichteten Therapien.

Checkliste – gut vorbereitet für den Arztbesuch

Bei einem Arztgespräch gibt es vieles zu beachten. Damit Sie keine wichtigen Fragen vergessen, haben wir eine hilfreiche Übersicht zusammengestellt. Sie enthält wesentliche Fragen zu allen Phasen – von der Diagnose über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten bis zur anschliessenden Nachsorge. Mit der Checkliste sind Sie optimal auf Ihr nächstes Arztgespräch vorbereitet.

Titelblatt der Checkliste für das Arztgespräch
  • Monoklonale Antikörper: Antikörper kommen natürlicherweise im Körper vor und tragen als Teil des Immunsystems zur Abwehr verschiedener Erreger bei. Sie lassen sich jedoch auch künstlich herstellen und im Rahmen der Brustkrebstherapie einsetzen. Bei Antikörpern handelt es sich um grosse Eiweissmoleküle, die bestimmte Strukturen an der Zelloberfläche erkennen und an sie binden können. So lassen sich zum Beispiel Wachstumssignale blockieren, die auf die Brustkrebszellen wirken.
  • Kleine Moleküle («Small Molecules»): Diese Arzneistoffe können aufgrund ihrer geringen molekularen Grösse in kleinste Körperstrukturen wie etwa Krebszellen eindringen, um dort die gewünschte Wirkung zu entfalten. In der Brustkrebstherapie kommen beispielsweise «kleine Moleküle» zur Anwendung, die bestimmte Rezeptoren im Zellinneren blockieren, die normalerweise das Zellwachstum antreiben. 
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Zielgerichtete Medikamente bei HER2-positivem Brustkrebs

In etwa 15 bis 20 Prozent der Fälle weisen die Brustkrebszellen auf ihrer Oberfläche eine grössere Menge der sogenannten HER2-Rezeptoren auf. Diese tragen massgeblich zum Krebswachstum bei. Bestimmte zielgerichtete Medikamente – monoklonale Antikörper, die sich gegen HER2 richten – kommen zum Einsatz, um die HER2-Rezeptoren zu blockieren und so die Weiterleitung von wachstumsfördernden Signalen zu unterbinden. Auf diese Weise lässt sich das Tumorwachstum bremsen.

Auch zur Behandlung von metastasiertem Brustkrebs können zielgerichtete Medikamente eingesetzt werden. Dabei unterscheidet die Medizin verschiedene Wirkstoffgruppen, die für unterschiedliche Patientinnengruppen infrage kommen.

Tablettendose in einer Hand.
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mTOR-Hemmer und Antihormontherapie

Die Abkürzung mTOR für „mechanistic Target of Rapamycin“ bezeichnet ein Eiweiss, das bestimmte Signalwege in Krebszellen beeinflusst, die für das Wachstum der Zellen entscheidend sind. Ist der mTOR-Signalweg überaktiv, können Hormonrezeptor-positive Brustkrebszellen unempfindlich gegenüber einer Antihormontherapie werden – sie entwickeln eine Resistenz. mTOR-Hemmer sind zielgerichtete Medikamente, die den mTOR-Signalweg blockieren und so der Resistenz entgegenwirken, um die Wirksamkeit der Antihormontherapie zu erhöhen.

PI3K-Hemmer

Bei vier von zehn Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs weisen die Krebszellen eine Veränderung im Erbgut auf, genauer gesagt im sogenannten PIK3CA-Gen. Es enthält den Bauplan für das Eiweiss PI3Kα, das unter anderem das Wachstum von Zellen beeinflusst. Infolge der Genveränderung funktioniert das Enzym PI3Kα nicht richtig und fördert die Vermehrung der Tumorzellen. PI3K-Hemmer sind zielgerichtete Medikamente, die das fehlerhafte Eiweiss blockieren und so dessen wachstumsfördernde Wirkung unterbinden.

CDK4/6-Hemmer 

CDK4 und CDK6 sind Eiweisse, die beide die Zellteilung beeinflussen und die in Hormonrezeptor-positiven Brustkrebszellen häufig überaktiv sind. Auf diese Weise können sie zum übermässigen Wachstum der Tumorzellen beitragen. Eine zielgerichtete Therapie mit CDK4/6-Hemmern kann die Vermehrung der Krebszellen bremsen. Sie werden in der Regel in Kombination mit einer Antihormontherapie eingesetzt.

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VEGF-Hemmer bei HER2-negativem Brustkrebs

VEGF bezeichnet einen Wachstumsfaktor für Blutgefässe im Körper, der auch eine wichtige Rolle für das Wachstum von Tumoren und Metastasen (Tumorabsiedlungen) spielt. Denn diese sind auf eine ausreichende Blutversorgung angewiesen, um weiter wachsen zu können. Aus diesem Grund brauchen Tumoren Zugang zum allgemeinen Blutgefässsystem des Körpers. Dazu schütten die Krebszellen den Botenstoff VEGF aus, der die Neubildung von Blutgefässen anregt, die den Tumor dann mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Sogenannte VEGF-Hemmer unterdrücken diese Gefässwachstum. Der Tumor beziehungsweise die Tumorabsiedlung wird somit gewissermassen «ausgehungert». Meistens werden VEGF-Hemmer bei Frauen mit HER2-negativem metastasierten Brustkrebs in Kombination mit einer Chemotherapie angewendet.

PARP-Hemmer bei erblichem Brustkrebs

Bei Frauen mit erblichem Brustkrebs kann der Einsatz von sogenannten PARP-Hemmern infrage kommen. Sie hemmen die Eiweisse PARP1 und PARP2 in den Krebszellen und schädigen sie auf diese Weise, sodass sich die Krebszellen nicht weiter vermehren können.

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Quellen

  1. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Stiftung Deutsche Krebshilfe: Brustkrebs im frühen Stadium. https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Patientenleitlinien/Brustkrebs-im-fruehen-Stadium_Patientenleitlinie_DeutscheKrebshilfe.pdf (zuletzt abgerufen am 10.12.2024).
  2. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Stiftung Deutsche Krebshilfe: https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Patientenleitlinien/Metastasierter-Brustkrebs_Patientenleitlinie_DeutscheKrebshilfe.pdf (zuletzt abgerufen am 10.12.2024). 
  3. Deutsche Krebsgesellschaft: Personalisierte Krebsmedizin: Für jede*n Patienten*in die richtige Medizin. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/basis-informationen-krebs-allgemeine-informationen/personalisierte-krebsmedizin.html (zuletzt abgerufen am 10.12.2024).
  4. Deutsche Krebsgesellschaft: Zielgerichtete Therapie bei Brustkrebs. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs/therapie/molekularbiologische-therapie.html (zuletzt abgerufen am 10.12.2024).
  5. Deutsches Krebsforschungszentrum: Brustkrebs: Zielgerichtete Therapien. https://www.krebsinformationsdienst.de/brustkrebs/zielgerichtete-therapie (zuletzt abgerufen am 10.12.2024).
  6. Deutsches Krebsforschungszentrum: Zielgerichtete Krebstherapie: Das Tumorwachstum punktgenau hemmen. https://www.krebsinformationsdienst.de/zielgerichtete-krebstherapie (zuletzt abgerufen am 10.12.2024).
  7. Janni W, Müller V, Ditsch N: Brustkrebs – Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen 2024. https://www.ago-online.de/fileadmin/E-PDF_AGO_2024_Patientenratgeber_Brustkrebs_24072024.pdf (zuletzt abgerufen am 10.12.2024).
  8. mamazone – Frauen und Forschung gegen Brustkrebs e. V.: Zielgerichtete Therapien für Patientinnen mit BRCA-Mutationen. https://www.mamazone.de/brustkrebs-behandeln/zielgerichtete-therapien/bei-patientinnen-mit-brca-mutationen/ (zuletzt abgerufen am 10.12.2024).